Bei diesen Diskussionen und auch nach der Abstimmung wurde immer wieder eine Argumentation verwendet, die vom Fakt ausging, daß es zuwenig Spenderorgane ging. Der nächste Schritt war bereits vermutet: Spendenbereitschaft bei etwa 80% vorhanden, aber nur ca. 30% haben einen Spenderausweis. Selbst wenn das stimmt (was es sehr wahrscheinlich tut) bedeutet das nicht, daß bei jedem Menschen Organe entnommen werden können.
Es wurde in der Diskussion unterstellt, daß wenn jeder Mensch potentieller Spender wäre würden automatisch mehr Organe zur Verfügung stehen. In Israel ist die Spenderquote mit Widerspruchslösung geringer, in den USA trotz Zustimmungslösung höher als hierzulande. Faktisch ist es also nicht einmal ausgemacht, daß Spahns Vorschlag die Anzahl an Organ"spenden" erhöht hätte.
Doch mir geht es bei diesem Gedanken gar nicht einmal um den Inhalt, sondern darum, wie über die Diskussion berichtet wurde. Erst jetzt, nachdem der Entwurf vom Bundestag abgelehnt wurde, finden sich in der Presse auch kritische Beiträge, die letzten Endes zu meinen Einwänden, die ich hier formuliert hatte. Ergänzt wird das in den kritischen Berichten durch das offensichtliche: daß Spahn offenbar die Trägheit der Menschen ausnutzen will (plus, daß nachdem das Thema aus der Diskussion ist kaum jemand aktiv widersprechen wird, weil dieser Zugriff nach dem Tod vielen dann gar nicht mehr bewußt ist), nudging.
Bei dieser einseitigen Darstellung in den Medien frage ich mich, wie selbst interessierte Bürger sich noch informieren können. Das alles ist auf Manipulation ausgelegt. Das ist als solches noch durchschaubar und man kann Gegenmaßnahmen treffen. Wenn es aber keine Stimmen zu einem Thema mehr gibt, die die Fakten nicht manipulativ darlegen und es dann auch noch an Stimmen fehlt, welche Alternativen denken und vorschlagen ist die "4.Gewalt" nutzlos - sie erfüllt dann nicht ihren Informationsauftrag und wird zum Erfüllungsgehilfen von Interessen - auch wenn sie im Fall der Organspende ehrenhaft sein mögen.