Was, wenn es einfach keine Guten in einem Film, in einer Serie gibt? Und dazu in einem Umfeld spielt, in dem Brutalität - Morde, Drogen, Bandengewalt - allgegenwärtig sind. Daß dieses ganze Szenario sehr realistisch ist und von einem Kenner der Szene geschrieben wurde, macht die Serie Gomorrha noch beklemmender. Manchmal ist es fast schon schmerzhaft, dort zuzuschauen.
Eine Serie im Mafia-Umfeld, die selbst die Sopranos in den Schatten stellt, unter anderem dank hervorragender Schauspieler und der wirklichkeitsnahen Szenerie. Denn Toni Soprano war doch irgendwie sympathisch - und wie praktisch es hier und da wäre, eine Problemlösung a la Soprano zu erreichen! In Gomorrha wird der Preis für solche Gefälligkeiten deutlich - eine fantastische Serie, deutlich besser als alles, was ich sonst an Mafiafilmen gesehen habe. Ja, es tut weh! Kann das unterhaltsam sein? Zartbesaitete Gemüter werden wenig Freude an dieser Serie haben - das "frei ab 16" wird durch etwas, was man frei nach Hannah Arendt "Banalität der Gewalt" nennen könnte schwer nachvollziehbar. Einem gefestigten Gemüt mag es einen wohligen gruseligen Schauer bereiten und Freude darüber, nicht in einer solchen Umgebung leben zu müssen. Ich fühle mich jedenfalls ein bißchen schlecht, weil ich diese Serie gerne und mit Vergnügen sehe - wie einen Horrorfilm - nur: hier ist der Horror echt und das macht mein Vergnügen zu einer Form des Voyeurismus.
Kann ich also die Serie empfehlen: unbedingt! Dieses Wechselbad der Gefühle wird man in kaum einer anderen Serie finden.
In obigem Beitrag spricht Autor Roberto Saviano über die Serie und es gibt einen Ausblick, auch auf die Babygangs, die nun seit letzter Woche in einem Kinofilm, fast wollte ich schreiben, "dokumentiert" werden: Paranza, Clan der Kinder
Die Besprechung in der Kulturzeit auf SAT findet sich November durch Klick auf den Link.